Mutige Entscheidungen - Interview

6 Monate alleine in Indien leben

Mutige Entscheidungen

Susanne betreibt den Blog www.entscheidungswirrwarr.com und hilft bei ihrer Arbeit als Coach Menschen, mehr Klarheit zu bekommen und ihr Leben entschlossener zu gestalten. Wir haben über mutige Entscheidungen in meinem Leben gesprochen und ich habe ihr erzählt, wie es für mich war das erste Mal alleine nach Indien zu reisen und dort als Model zu arbeiten.

Den ersten Teil unseres Interviews zum Thema Studium abbrechen findest du hier auf ihrem Blog.

Viel Spaß beim Interview! 

S: Welche mutigen Entscheidungen hast du noch getroffen?
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C: Es geht um die Entscheidung, dass ich 2018 für drei Monate alleine nach Mumbai gereist bin, um dort mit einer Modelagentur zu arbeiten. Das war immer so ein bisschen mein Traum, im Ausland zu arbeiten.

Ich bin ja auch halb Inderin und halb Deutsche, aber ich bin nur in Deutschland aufgewachsen. Das heißt ich hatte überhaupt keinen Kontakt zu diesem Teil meiner Identität und hatte davor auch lange Angst. Und in dieser Entscheidungsgeschichte geht es sehr viel um das Thema Angst. Das finde ich total spannend, weil ich von mir eigentlich immer gesagt habe, dass ich extrem ängstlich bin

Ich war als Kind extrem ängstlich und hatte immer den Glaubenssatz: „Ich habe total Angst und ich traue mir nichts zu und bin einfach ängstlich“ Und als sich dann diese Möglichkeit aufgetan hat, dass ich nach Mumbai fliege, wusste ich plötzlich, ich mache es. Das war völlig klar für mich, weil ich das immer irgendwie wollte und es war einfach die ultimative Möglichkeit – aber ich hatte auch unfassbare Angst.

Ich habe wirklich die Wochen vorher richtig gelitten. Und ich erinnere mich noch an diese Szene am Flughafen. Es war um vier Uhr nachts, ich bin alleine hingefahren, ich musste mein Gepäck abgeben und ich konnte nicht mal stehen. Ich konnte nur neben meinem Koffer sitzen, weil ich sonst wahrscheinlich ohnmächtig geworden wäre. Die Angst hatte meinen Körper quasi im Griff.  

Ich habe es aber trotzdem gemacht. Ich bin zur Gepäckabgabe gekrochen, auf den Knien und dachte: Kannst du das überhaupt? Was könnte alles Schreckliches passieren? Aber ganz tief in mir drin war es trotzdem klar, dass ich das jetzt machen muss, machen will und ich bin dann durch diese extreme Angst durch gegangen und bin hingeflogen.

Als ich dann dort war, war die Angst komischerweise weg. Dieses Learning, dass ich durch diese wirklich riesige Angst gegangen bin, das ist jetzt wie ein neues Tool in meinem Werkzeugkasten, das ich jetzt immer rausholen kann. Immer wenn ich vor etwas Angst habe, denke ich: Ja gut, das habe ich auch geschafft. Und das war viel schlimmer. Also die Entscheidung zu treffen, da nicht meiner Angst nachzugeben, sondern es trotzdem zu machen, das kann ich einfach nur jedem empfehlen. Das ist einfach unfassbar kraftvoll für einen selbst.

Und was die Komfortzone angeht. Klar ist sie komfortabel und das ist total in Ordnung, wenn man da drin bleiben möchte. Aber man muss sich bewusst sein: Wenn ich in der Komfortzone bleibe, dann wird sich nichts verändern. Nichts in deinem Leben, nichts in dir selbst. Alles wird so bleiben, wie es jetzt ist. Und wenn du das nicht willst, dann musst du da raus.

S: Wovor hattest du denn Angst?
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C: Wahrscheinlich vor ganz vielen Dingen, die mir passieren können. Wahrscheinlich dass ich sterbe, wenn man da ganz tief reingeht (lacht) – na wahrscheinlich nicht. Aber dass etwas schief geht, ich es nicht schaffe. Dass ich in Situationen komme, in denen ich nicht klar komme, dass etwas Schlimmes passiert. Da ist dann mein Kopfkino unterwegs.

Es gibt ja sehr viele, die alleine reisen und die haben bestimmt auch Angst und sind bestimmt auch aufgeregt, aber für mich persönlich war es sehr extrem und ich hatte auch tatsächlich Angst, mich diesem blinden Fleck meiner Identität zu stellen. Also einfach das Land zu sehen, was im Nachhinein natürlich eine wahnsinnige Bereicherung war und überhaupt nicht negativ.

S: Du hast auch gesagt, dass als du dann da warst, die Angst gar nicht mehr so präsent war.
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C: Komischerweise gar nicht. Also ich kam dann am Flughafen an, um zwei Uhr nachts, und es sollte mich jemand abholen – da war aber niemand. Aber ich war komplett tiefenentspannt. Es war wirklich nur diese Sorgen davor, aus der Komfortzone rauszugehen, dieser Durchbruch. Dann draußen war es okay.

S: Und du warst da für einen Modeljob für die drei Monate?
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C: Genau, also ich war mit einer Modelagentur dort und die haben mir da eine Wohnung gestellt und dann bin ich zu Castings gegangen und hab versucht Jobs zu bekommen. Habe ich dann auch und es war eine mega Erfahrung. Wobei die Arbeit als Model da irgendwie mehr wie so ein Hilfsmittel war, um diese Erfahrung in Indien generell zu machen.

Also der Fokus für mich war da gar nicht so die Arbeit als Model, sondern dass ich dadurch die Möglichkeit habe, alleine in Indien zu sein, zu reisen, alleine zu leben, alleine komplett in einem fremden Land zurecht zu kommen. Es gibt einem Selbstvertrauen, denn wenn du das geschafft hast, vertraust du dir selber, dass du sowas schaffen kannst. Und das findest du in der Komfortzone einfach nicht. Also in meinem gemütlichen Wohnzimmer gibt es keinen Grund, mir vertrauen zu müssen. Da ist eh schon alles super gemütlich.

S: Wie hat denn dein Umfeld überhaupt darauf reagiert, dass du einfach mal drei Monate wegfährst und dann noch so weit weg?
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C: Ich muss sagen, was das angeht, habe ich wirklich ein tolles Umfeld, weil sich wirklich alle sehr für mich gefreut haben. Also Freunde und Familie, auch mein Freund war von Tag eins total offen dafür. Also natürlich war es schwer. Aber es haben sich alle dafür gefreut, dass ich diese Erfahrung jetzt machen kann, und dafür bin ich sehr dankbar. Wenn du da ein Umfeld hast, das sagt: „Geh nicht. Das wird schrecklich“ dann ist es auch nicht einfacher. Natürlich dachte ich auch: Wenn’s nicht gut ist, dann geh ich auch wieder nach Hause. Da muss man sich auch die Freiheit lassen und die Entscheidungsfreiheit.

S: Was bedeutet dir die Entscheidung?
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C: Vom Gefühl her bedeutet sie mir alles. Sie hat gefühlt alles verändert, zum Besseren. Meine Unabhängigkeit, mein Selbstbewusstsein. Eben diesen Umgang mit der Angst komplett neu bewertet. Also ich war davor absolut nicht angstfrei, wie ich schon gesagt habe. Die Angst ist jetzt für mich nichts schlimmes mehr, dass mich irgendwie vom Leben abhält, sondern sie ist wie ein kleines Kind, dass mich beschützen möchte, damit mir nichts passiert.

Es ist ja auch was Gutes, Angst zu haben. Aber ich bin so über die Angst hinaus gewachsen und kann jetzt zur Angst sagen: „Hey, es ist okay, dass du da bist, aber wir kriegen es schon hin.“

Die Angst ist nicht mehr über mir und sagt: „Ich kann das nicht.“ Es war einfach lebensverändernd. Das klingt auch schon wieder so klischeehaft, aber so ist es tatsächlich gewesen. Und es hat irgendwie alles verbessert. Auch meine Beziehung hat sich verbessert, weil ich unabhängiger geworden bin und einfach alles. Wenn ich das nicht gemacht hätte, wär mein Leben jetzt einfach komplett anders. Das ist schon verrückt.

S: Cool, dass du auch deine Wurzeln mit deinem Beruf verbinden konntest!
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C: Ja, und das ist halt… da würde ich gerne nochmal an das Studium das Thema anknüpfen. Das hätte ich nicht planen können, dass ich solche Möglichkeiten bekomme.

Manchmal ist man einfach offen dafür und es passiert. Ich hab jetzt nicht fünf Jahre dafür darauf hingearbeitet, um mal mit einer Modelagentur nach Indien zu können. Das kam einfach so durchs Fenster geflogen. Ich glaube, wenn man sich so auf eine Sache einschießt, ist man dann gar nicht mehr offen für die anderen, für die schönen Dinge, die auch passieren können.

 

Ich hoffe das Interview hat dir gefallen und du konntest daraus etwas mitnehmen. 🙂 Lies dir gerne auch hier noch den ersten Teil des Interviews durch, in dem ich darüber spreche, wie und warum ich mein Studium abgebrochen habe. Wenn du auch schonmal eine mutige Entscheidungen getroffen hast, freue ich mich sehr von dir in den Kommentare, per Mail oder auf Facebook und Instagram zu lesen! Ich bin gespannt von deinen Erfahungen zu hören. 

Deine Caro

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